Flow - Ein Schritt hinaus
aus der Komfortzone

Sonntag, 22. Juni 2014

In letzter Zeit habe ich an vielen Stellen von einem mehr oder weniger neuen Magazin gehört: Flow. Bis zu dem Tag, als ich in Bines Zeitschriftenpost zum ersten Mal davon gelesen hatte, war es mir völlig unbekannt. Ansich kaufe ich mir nicht gleich jedes Magazin, von dem ich irgendwo mal höre, aber hier hat es sich so sehr gehäuft, dass ich richtig neugierig geworden bin - allerdings war es fast überall vergriffen, wo ich danach gefragt habe. Letzten Montag dann, hab' ich sie am Dortmunder Bahnhof entdeckt.

Ehrlich gesagt war ich ja etwas skeptisch und hatte mir irgendwie vorgenommen sie nicht zu mögen, weil ich es nicht leiden kann, wenn bestimmte Dinge so extrem gehypt werden. Ich kam auch erst am Abend dazu, mir das Magazin anzuschauen und musste meine Vorbehalte doch recht schnell in den Wind schießen, denn auch mir gefällt "Flow" sehr gut. Besonders toll finde ich, dass es zwar viele Fotos und Grafiken gibt, ich aber nicht das Gefühl habe, ein Bilderbuch in der Hand zu halten. Es gibt lange und (viel wichtiger) sehr interessante Texte darin.



Ich will das Magazin jetzt auch gar nicht wirklich vorstellen, analysieren oder groß anpreisen. Als mich meine Kolleginnen dann nämlich fragten, worum es darin denn überhaupt geht, konnte ich es gar nicht so genau sagen. Irgendwie geht es um jeden Einzelnen, aber auch um das große Ganze, es geht um Körper und Geist, um Menschen und Kreativität, es geht um Inspiration und Gedankenimpulse und letztlich ist "Flow" wohl für jeden individuell anders. Von daher solltet ihr einfach selbst mal rein schauen :o)

So viel sei noch gesagt: "Flow" kommt ursprünglich aus den Niederlanden und wurde im letzten Jahr von Gruner+Jahr lizensiert. Laut wikipedia bezeichnet Flow "das Gefühl der völligen Vertiefung und des Aufgehens in einer Tätigkeit, auf Deutsch in etwa Schaffens- bzw. Tätigkeitsrausch oder Funktionslust." Klingt also doch irgendwie nach purer Motivation, oder nicht?!

Ein Artikel hat mich ganz besonders zum Nachdenken gebracht, wahrscheinlich, weil mir dabei klar wurde, wie sehr das alles in irgendeiner Form auch auf mich selbst zu trifft - es gab eine Menge Aha-Effekte während des Lesens. Im Artikel "Leben wagen" geht es nämlich um die persönliche Komfortzone, aus der wir uns fast nie und wenn nur sehr ungern herauswagen.

In dem Artikel sagt die Autorin und Karrierebraterin Svenja Hofert beispielsweise, dass sich viele "... nur deshalb vor dem Neuen [scheuen], weil sie das Risiko nicht einschätzen können. Ob das Unbekannte so gut sein wird wie das Vertraute, weiß man vorher ja nicht.". Da musste ich gleich an mich selbst denken, denn ich bin ja erst Anfang März nach Hamburg gezogen - nach sechseinhalb Jahren in einer WG in Stuttgart (wo ich mich nie wirklich zuhause gefühlt habe, weshalb ich auch jedes Wochenende weg gefahren bin) und viereinhalb Jahren Fernbeziehung (wo man die Zeit schon viel früher wirklich gemeinsam hätte verbringen sollen).



Aber es war genau das, was Frau Hofert sagte: Ich hatte mich irgendwie in meiner Situation eingerichtet und damit arrangiert, es passte für mich und ich klammerte mich an die Vorstellung, was irgendwann alles sein könnte. Dass dabei aber einfach wertvolle Jahre ins Land streichen, die man nie mehr zurück bekommt, darüber hab' ich nie wirklich nachgedacht. Erst jetzt, als ich mich nach all der Zeit endlich aus der Komfortzone (die ja eigentlich gar keine war) heraus traute, wurde mir bewusst, wie viel schöner es sein kann. Ich bin ganz kurzer Zeit richtig aufgeblüht, was vielen Freunden positiv aufgefallen ist. Und ich hab' nur so lange im alten Trott verharrt, weil ich lange nicht das gesehen habe, was schöner werden kann, sondern nur das, was schief gehen könnte. Doch es hat sich mehr als gelohnt :o)

Dabei muss es nicht mal ein so großer Schritt sein wie ein über 700 Kilometer weiter Umzug in eine unbekannte Stadt. Mit kleinen Schritten kann man ganz leicht die Komfortzone erweitern: "... einen anderen Weg zur Arbeit nehmen, im Restaurant statt zu Hause frühstücken, allein ins Kino gehen oder mit Zutaten kochen, die man sonst nie benutzt." Auch da habe ich nämlich gemerkt, dass ich immer den gleichen Weg zur Arbeit gehe, obwohl es so viele Möglichkeiten gibt, dass ich im Schwimmbad immer die gleiche Schrankecke zum Umziehen und die gleiche Dusche zum Abbrausen nehme, dass ich mir bei meinem Schneiderkurs sogar immer das gleiche Nadelgläschen raus suche und im Spanischkurs auch lieber auf dem immer gleichen Platz sitzen möchte - total blöd, bei so banalen Dingen!

Wahrscheinlich ist es wirklich so, dass ich all das mache, weil ich es gewohnt bin, weil ich weiß, dass es so gut funktioniert, weil ich mich damit wohlfühle und tatsächlich Angst habe, dass es schlechter sein könnte, wenn ich es mal anders mache. Aber - und das muss ich jetzt wirklich mal ganz fett schreiben - bisher habe ich auch immer wieder festgestellt, dass es in bestimmt 98 Prozent der Fälle besser wurde, wenn sich etwas geändert hat (und die übrigen 2 Prozent kann man wirklich vernachlässigen). Was könnte mir denn schlimmstenfalls passieren, wenn ich mir im Schwimmbad mal einen anderen Spint und damit einen anderen Platz zum Umziehen suche?! Wenn es mir da partout nicht gefällt, kann ich mir beim nächsten Mal ja wieder den altbekannten Spint aussuchen.

Wenn ich das so lese und darüber nachdenke, muss ich der niederländischen Fotografin und Lebensberaterin Frederike Dekkers Recht geben: "... wer in seinem Leben keine Unsicherheit zulässt, wird irgendwann unflexibel." - und das ist wirklich das letzte, was ich will. Ich verstehe auch noch nicht ganz, warum mir bestimmte Dinge, bei denen viele Andere zurückschrecken würden, so leicht fallen und ich bei anderen, oft eigentlich banalen Dingen regelrecht Herzrasen bekomme.



Und wenn man sich dann doch überwindet und traut aus der eigenen Komfortzone heraus zu treten, pfeift uns der innere Schweinhund wieder zurück - so ein Fiesling! Den sollten wir also besser einfach ignorieren und viel eher auf unsere innere Stimme, unsere Intuition hören wie die neuseeländische Autorin, Menschenrechtsanwältin und Fotografin Marianne Elliott sagt, die würde uns nämlich nie einfach von irgendwas abhalten wollen: "Es gibt einen gravierenden Unterschied zwischen jener Stimme, die dir vernünftige Vorschläge macht, welche Schritte du unternehmen solltst, um erfogreich zu sein, und der Stimme, die versucht dir Angst einzujagen, um dich von deinem Weg abzubringen."

Die US-Psychologin Judith Sills bringt es in dem Artikel noch mal auf den Punkt: "Egal, wie langweilig oder quälend du es in deiner Komfortzone findest, wenn dich nichts hinauszieht, wirst du bleiben, wo du bist." Von daher habt Träume, Wünche, Hoffnungen, seid kreativ und inspiriert, seid aktiv und probiert immer wieder etwas neues aus, seht die Komfortzone als Rückzugsort, aber nicht als alleinigen Lebensmittelpunkt - klingt doch gut, oder?!

Oft denke ich ja, dass man in solche Themen einfach viel zu viel hinein interpretieren kann und jeder seinen Senf dazu geben muss, aber irgendwas Wahres ist da schon dran, egal wie man es jetzt benennt oder bezeichnet. Von daher werde ich mir mal ein paar Dinge überlegen, wie ich meinen Alltagstrott etwas unterbrechen und dabei eine ganze Menge toller Dinge erleben kann :o)

Was haltet ihr von all dem Kram? Bei welchen Dingen merkt ihr, dass ihr eure persönliche Komfortzone verlasst? Fallen euch Veränderungen schwer oder freut ihr euch immer wieder über neue Dinge?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...